Die Queer Base hilft Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Interpersonen, die nach Österreich geflüchtet sind. Sie sind unser NGO-Partner für Edition 2 und mit diesem Text geben sie uns einen Einblick in ihre wichtige Arbeit.
Allein auf einer Polizeiwache, mit einem Übersetzer, dem man vielleicht nicht vertraut, erstmals über die eigene Sexualität zu reden, bedeutet für viele LGBTIQ-Geflüchtete eine immense Hürde. Queere Refugees gehören einer besonders vulnerablen Gruppe unter Menschen auf der Flucht an und die Queer Base hat es sich zum Ziel gemacht, sie bestmöglich zu unterstützen:
Doch die Situation ist nicht nur bei der Asylantragstellung schwierig, sondern für viele ist die Flucht, das Sich-Verstecken-Müssen in Österreich nicht zu Ende. Geflüchtete Schwule, Lesben und insbesondere trans Frauen haben berechtigte Angst vor einem Outing, vor Übergriffen und Gewalt in österreichischen Asylunterkünften. Als Aktivist:innen und Refugees haben wir schon vor Jahren mit Bewusstseins- und politischer Lobby-Arbeit zu diesem Thema begonnen.
Dabei stießen wir aber lange auf taube Ohren. Das Blatt wendete sich in Wien erst 2015, als Hande Öncü, eine asylsuchende trans Frau und Sexarbeiterin aus der Türkei, von einem Kunden ermordet wurde. Danach begannen Verhandlungen. Die Stadt Wien sagte zu, dass alle LGBTIQ-Geflüchtete, die nach Wien kommen wollten, hier in die Grundversorgung aufgenommen würden. Mit der Diakonie Lares wurden erste queere Wohngemeinschaften eingerichtet. Im Sommer 2015 bekam die Queer Base ihren Namen und ein Jahr später die erste Förderung.
Neben sicherer Unterbringung, Gewaltprävention und Zugang zur LGBTIQ-Community, geht es in der Arbeit der Queer Base außerdem um rechtliche Weiterentwicklung. Die Basis für jede Asylentscheidung sind die Einvernahmen beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und beim Bundesverwaltungsgericht, sowie die Länderberichte aus den Herkunftsstaaten.
2018 gingen stereotype BFA-Befragungen von schwulen Asylsuchenden durch die (internationalen) Medien. Es gab erste, freiwillige Schulungen beim Bundesverwaltungsgericht, bei der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen und der UNHCR veranstaltete Schulungsangebote für das BFA. Aber in den letzten Jahren wurden nur 52 Referent:innen des BFA (freiwillig) geschult.
Ob es Schulungen bei der Polizei gab, ist unbekannt. Auch bei den Dolmetscher:innen lassen die Standards zu wünschen übrig. Nur 15 Prozent der vom BFA beauftragten Dolmetscher:innen haben eine Ausbildung. Inwieweit diese trauma- und LGBTIQ-sensible Übersetzungstechniken beinhaltet, sei in Frage gestellt. Hier gibt es erstmals Bewegung und es wird versucht, Qualitätsstandards in der Übersetzung einzuführen.
„Hinzu kommt, dass beschleunigte Asylverfahren gerade besonders schützenswerte Gruppen unter immensen Druck setzen. Menschen, die Vergewaltigungen, Folter, psychische und physische Gewalt überlebt haben (dazu gehören LGBTIQ in großem Maße) brauchen eine andere Einvernahmesituation.“
In der Grundversorgung des Bundes oder bei Zuweisungen in die Grundversorgung wird immer noch zu wenig auf besondere Bedürfnisse von LGBTIQ-Geflüchteten Rücksicht genommen. Selbst bei trans Frauen ist eine sichere Unterbringung nicht selbstverständlich. So kommt es immer wieder vor, dass trans Frauen in Männerquartieren untergebracht werden. Oder sie werden isoliert untergebracht, was zwar vor unmittelbarer Gefahr schützt, jedoch nicht den sozialen und psychologischen Bedürfnissen entspricht. Trans Frauen werden außerdem immer noch auf Quartiere in den Bundesländern und in kleinen Ortschaften verteilt, in denen es keine Community-nahe oder gar spezialisierte (z.B. medizinische) Versorgung gibt.
Hinzu kommt, dass beschleunigte Asylverfahren gerade besonders schützenswerte Gruppen unter immensen Druck setzen. Menschen, die Vergewaltigungen, Folter, psychische und physische Gewalt überlebt haben (dazu gehören LGBTIQ in großem Maße) brauchen eine andere Einvernahmesituation. Eine, die nicht von Zeitdruck und grundsätzlichem Misstrauen geprägt ist. Leider ist im Regierungsübereinkommen von ÖVP und Grüne geplant, Asylverfahren auf Schnellverfahren – das heißt, Entscheidungen in der ersten Instanz in beispielsweise drei Tagen zu stellen – umzustellen. Während Schnellverfahren bei internationalen Krisen durch beispielsweise Kriege sehr wohl Sinn machen können, ist es für besonders vulnerable und damit schützenswerten Gruppen eine sehr große Hürde ihre Glaubwürdigkeit darzulegen. Außerdem zeigt unsere Erfahrung, dass die Behörden erst das (offene) Ausleben der eigenen Sexualität im Fluchtland als Beweis anerkennen und die fluchtauslösenden Momente im Herkunftsland in Abrede stellen.
Die Queer Base kämpft deshalb darum, ein Blackbox-Asylverfahren zu verhindern und LGBTIQ-Geflüchteten ein Ankommen und einen sicheren Hafen für ihre Verfahren zu ermöglichen. Wir sind aufgrund der großartigen Erfolge – es gab in den letzten Jahren über 350 positive Entscheidungen – eine wachsende Community. Eine Community, die weiterhin für die strukturellen Änderungen kämpft und einen fairen Zugang zum Asylfahren erstreitet.